Sendung „SonnTalk“ von TeleZüri; 22.1.2017 und 29.1.2017

Schlussbericht der Ombudsstelle

Sehr geehrter Herr X

Ihre Beanstandung vom 30. Januar 2017 habe ich erhalten und am 3. Februar 2017 die Chefredaktion von TeleZüri zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 10. Februar 2017 ist die Stellungnahme bei mir eingetroffen.

Ich habe mir den beanstandeten Beitrag eingehend und in voller Länge angesehen, die Stellungnahme des Veranstalters gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Ich kann Ihnen daher meinen Schlussbericht zukommen lassen.

Nach Art. 93 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) prüft die Ombudsstelle die Angelegenheit und vermittelt zwischen den Beteiligten. Sie kann insbesondere die Angelegenheit mit dem Veranstalter besprechen, oder ihm in leichten Fällen zur direkten Erledigung überweisen. Sie kann auch für eine direkte Begegnung zwischen den Beteiligten sorgen, Empfehlungen an den Programmveranstalter abgeben oder die Beteiligten über die Zuständigkeiten, das maßgebende Recht und den Rechtsweg orientieren. Nach Art. 93 Abs. 2 RTVG hat die Ombudsstelle keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnis.

Ihre Beanstandung richtet sich gegen die unausgewogene Präsenz der Gäste in den Sendungen SonnTalk vom 22. und 29. Januar 2017 zum Thema „Unternehmenssteuerreform III“. Dabei hätten jeweils zwei bekannte Befürworter und jeweils nur ein Gegner zu der im Vorfeld einer Abstimmung politisch sehr umstrittenen Frage Stellung nehmen können. Sie fragen sich, wo denn die Ausgewogenheit bleibe.

Der Stellungnahme des Veranstalters kann ich Folgendes entnehmen:

•   „In seiner Klage schreibt Herr X: „Moderator Markus Gilli hat am 22.01.2017, abends um 19:30 Uhr, im Sender SonnTalk (Anmerkung: gemeint ist wohl TeleZüri) folgende Gäste u.a. zum Thema „USR III“ eingeladen ...“ 
•   Diese Feststellung von Herrn X ist falsch und entspricht nicht dem Konzept der Sendung „SonnTalk“.
•   Die seit inzwischen fast 20 Jahren in unserem Programm ausgestrahlte und mit den wichtigsten Medienpreisen des Landes ausgezeichnete Sendung „SonnTalk“ hat folgendes Grundkonzept: Drei Politikerinnen / Politiker/ Medienschaffende/Persönlichkeiten diskutieren über die drei wichtigsten und kontroversen Themen der Woche. Die Einladung der Gäste erfolgt bereits ca. einen Monat vor der Sendung. Zu diesem Zeitpunkt kennen wir die aktuellen Wochenthemen natürlich noch nicht. 
•   Die Ausgewogenheit der Sendung kann somit nicht mit den Ansichten zu den diskutierten Themen definiert werden. Die Ausgewogenheit wird mit der Einladung der Gäste aus verschiedenen politischen Lagern garantiert. 
•   Am 22.01.2017 waren die Liberale Doris Fiala, der am rechten politischen Rand positionierte Alt-Bundesrat Christoph Blocher und der SP-Nationalrat und Unia-Gewerkschafter Corrado Pardini meine Gäste.
•   Am 29.01.2017 diskutierten die CVP-Nationalrätin Ruth Humbel aus der politischen Mitte, Ständerat Peter Föhn (SVP) und Matthias Aebischer (SP-Nationalrat) im SonnTalk.
•   Beide Runden politisch absolut ausgewogen und das fast gesamte politische Spektrum des Landes abdeckend.
•   Drei ist eine ungerade Zahl und damit ist klar, dass es im SonnTalk praktisch keine Übereinstimmung der Meinungen geben kann.
•   Bei den drei Themen ergeben sich laufend neue Allianzen.
•   Beispiel: Bei der „Unternehmenssteuerreform III“ waren am 29.01.2017 Ruth Humbel und Peter Föhn gleicher Meinung – wenige Minuten später beim Thema „Präsident Donald Trump“ vertraten Frau Humbel und Herr Aebischer die gleiche Meinung. Die sich ständig neu bildenden Allianzen sind ein Hauptgrund für die grosse Beliebtheit und den Erfolg der Sendung „SonnTalk“. 
•   In der Sendung vom 29.01.2017 ging es beim Thema „Unternehmenssteuerreform III“ nur sekundär um die Abstimmungsvorlage. Wir diskutierten primär über die Intervention von Alt-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in den Abstimmungskampf. Die Schlagzeile dazu lautete: “Verrat oder Ehrlichkeit“ – im Fokus stand somit die frühere Finanzministerin. 
•   Zur „Unternehmenssteuerreform III“ haben TeleZüri, Tele M1 und TeleBärn zwei grosse Talk-Sendungen mit einer Länge von je rund 25 Minuten produziert.

Diese beiden Vorschauen auf die Volksabstimmung fokussierten auf das Thema und deshalb luden wir in beide Sendungen je einen Befürworter und einen Gegner der Vorlage ein. Das Thema wurde somit in der Gesamtheit auf unseren Sendern absolut ausgewogen und nach journalistischen Kriterien behandelt. Der SonnTalk ist aber keine auf ein umstrittenes Abstimmungsthema fokussierte Sendung – er ist eine politisch ausgewogen zusammenstellte Runde über die aktuellen Ereignisse der Woche. Zusammenfassend: In den SonnTalk werden Gäste nicht nach Themen sondern nach ihrer politischen Herkunft eingeladen. Eine Zusammensetzung nach Einzelansichten zu drei Themen würde das Konzept der Sendung verunmöglichen.“

Ich habe mir die beiden Sendungen, respektive die Teile zur „Unternehmenssteuerreform III“ angeschaut. Bei der Sendung vom 29. Januar 2017 ging es vom Schwerpunkt her nicht eigentlich um das Abstimmungsthema, sondern um die Intervention von alt Bundesrätin Widmer-Schlumpf in einem Blick-Interview vor der Abstimmung. Diskutiert wurde die Zulässigkeit einer solchen Stellungnahme und deren möglichen Auswirkungen auf die Abstimmung. Dabei liess es sich nicht vermeiden, dass die einzelnen Exponenten auch zur Vorlage selber kurz Stellung nahmen. Allerdings führte der Moderator Gilli die anwesenden Gäste wieder jeweils zur ursprünglichen Frage zurück. Die Diskussion zu diesem Thema fand ich ausgewogen, zumal der Moderator bei den Fragen auch Stellungnahmen der Gegner der Vorlage vorbrachte und die Befürworter damit konfrontierte. Für den Zuschauer war meines Erachtens klar ersichtlich, dass es bei der Diskussion nicht primär um Pro und Contra Vorlage „Unternehmenssteuerreform III“ ging, sondern um die Problematik der „Einmischung“ einer ehemaligen Magistratin. In der Sendung vom 22. Januar 2017 war auch ein Themenschwerpunkt der „Unternehmenssteuerreform III“ gewidmet. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob nach der Abstimmung Arbeitsplätze oder Millionen an Steuergelder verloren gehen würden. Die Diskussionsrunde setzte sich aus einem Gegner der Vorlage und zwei Befürwortern zusammen. Der Gegner der Vorlage konnte sich zweimal ausführlich äussern und die beiden Befürworter je einmal sowie noch ein zweites Mal mit kurzen Statements. Geantwortet wurde jeweils auf Fragen des Moderators. Es fand ein Austausch von Argumenten statt. Das kritische Hinterfragen vor allem bei den beiden Befürwortern der Vorlage führte insgesamt zu einer recht ausgewogenen Diskussion. Auch hier bin ich der Meinung, dass sich die Zuschauerinnen und der Zuschauer ein eigenes Bild zu den spezifischen Fragen rund um die Vorlage zur „Unternehmenssteuerreform III“ bilden konnte.

Es ist darauf hinzuweisen, dass in den beiden Sendungen nicht ausschliesslich das Thema „Unternehmenssteuerreform III“ diskutiert wurde, sondern dass dieses Thema eines von drei Themen bildete. Dies ist auch das Konzept der Sendung, in welcher jeweils drei Themen mit drei eingeladenen Persönlichkeiten diskutiert werden. Gemäss Stellungnahme des Veranstalters werden zuerst die Gäste eingeladen und erst zu einem späteren Zeitpunkt die zu diskutierenden Themen festgelegt. Es ist somit nicht möglich, alleine aufgrund der Zusammensetzung der Diskussionsteilnehmer die Ausgewogenheit respektive Unausgewogenheit einer Sendung zu beurteilen. Weiter ist zu bemerken, dass gemäss Art. 4 Abs. 4 RTVG konzessionierte Programme in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen müssen. Somit muss nicht in jeder Sendung das Vielfaltsgebot beachtet werden, sondern in der Gesamtheit der Sendungen. Auf TeleZüri und auch in der Sendung „SonnTalk“ wurde das Thema „Unternehmenssteuerreform“ immer wieder thematisiert. Ob dabei die Sendungen insgesamt dem Vielfaltsgebot entsprachen, muss an dieser Stelle nicht abgeklärt werden und ist auch von Gesetzes wegen gar nicht verpflichtend. Denn das Ausgewogenheitsgebot verpflichtet ausschliesslich konzessionierte Programme; TeleZüri gehört nicht dazu (zu beachten ist allerdings, dass die Ausstrahlung der Sendung auch auf anderen, konzessionierten Regionalsendern erfolgte).

Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in den beiden beanstandeten Sendungen zum Thema „Unternehmenssteuerreform III“ – respektive den eingegrenzten Themenschwerpunkten – ein eigenes Bild über die Argumente machen konnten. Auch wenn die Zusammensetzung der Diskussionsrunden auf den ersten Blick nicht sehr ausgewogen erscheint, so war die Diskussion im Argumentationsaustausch und insbesondere dank der immer wieder intervenierenden Moderation genügend ausgewogen.

Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit der Beschwerde an die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI orientiert Sie das beigefügte Merkblatt.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Oliver Sidler Ombudsmann

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