TeleBärn - TeleBärn-News vom 4. Oktober 2023

Beanstandung der Sendung TeleBärn-News vom 4. Oktober 2023 - TeleBärn

Schlussbericht des Ombudsmanns

Sehr geehrte Frau X

Ihre Beanstandung vom 18. Oktober 2023 habe ich erhalten und gleichentags die Chefredaktion von TeleBärn zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 1. November 2023 ist die Stellungnahme bei mir eingetroffen.

Ich habe mir den beanstandeten Beitrag eingehend und in voller Länge angesehen, die Stellung-nahme des Veranstalters gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Ich kann Ihnen daher meinen Schlussbericht zukommen lassen.

Nach Art. 93 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) prüft die Ombudsstelle die Angelegenheit und vermittelt zwischen den Beteiligten. Sie kann insbesondere die Angelegenheit mit dem Veranstalter besprechen, oder ihm in leichten Fällen zur direkten Erledigung überweisen. Sie kann auch für eine direkte Begegnung zwischen den Beteiligten sorgen, Empfehlungen an den Programmveranstalter abgeben oder die Beteiligten über die Zuständigkeiten, das massgebende Recht und den Rechtsweg orientieren. Nach Art. 93 Abs. 2 RTVG hat die Ombudsstelle keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnis.

1. Beanstandung

„Ich beanstande die unobjektive Berichterstattung über die Demo vor dem Asylantenheim im Gurnigelbad seitens von Telebärn News. Aus tragischem Anlass (Todesfall infolge eines Herzinfarktes von einem 50-jährigen Kurden im Asylantenheim im Gurnigelbad) berichtete der Privatsender über die Demonstration der Sympathisantengruppe des Asylantenheimes Gurnigelbad wegen mangelnder ärztlicher Betreuung. Sie wollten die Schliessung des Heimes wegen des tragischen Todesfalles. Die Sympathisantengruppe beanstandete ausserdem, dass nur alle 14 Tage einen Arzt vor Ort ist. Die Leitung des Asylantenheimes äusserte sich nur schriftlich zum tragischen Todesfall und sagte aus, dass eine medizinische Betreuung vor Ort zum Zeitpunkt anwesend war. Aus Verfahrensgründen konnte die SRK (Leitung des Asylheimes im Gurnigelbad keine Stellung vor der Kamera nehmen, was zu einer einseitigen Berichterstattung von Telebärn News geführt hat. Die Sendung wurde brisanter weise vor den Eidg. Wahlen ausgestrahlt und fördert meiner Meinung nach den Zulauf zur rechtspopulistischen Partei der Schweizerischen Volkspartei SVP. Ich schrieb kurz nach der Ausstrahlung der Sendung der Redaktion von Telebärn News eine elektronische Nachricht und schickte diese auch per Post um der Bitte einer Stellungnahme des Senders. Bis heute wurde die elektronische Nachricht weder gelesen noch habe ich eine Antwort von der Redaktion erhalten.“

2. Stellungnahme Veranstalter

Vorbemerkung:

Vorab möchte ich bemerken, dass sich die Beschwerdeführerin per Mail an TeleBärn gewandt hat. Der Inhalt ist dabei deckungsgleich mit dem Inhalt der Beschwerde an sie. Aufgrund einer hohen Arbeitsbelastung im Tagesgeschäft und einer hohen Anzahl verschiedener Reaktionen die zu beantworten sind, kam die Chefredaktion nicht dazu der Beschwerdeführerin innerhalb einiger Tage bereits Antwort zu geben. Dies wäre aber auf jeden Fall vorgesehen gewesen. Wir beantworten sämtliche Zuschaueranfragen bzw. Zuschauerreaktionen. Die Beschwerdeführerin hat zwischenzeitlich den Weg an die Ombudsstelle gewählt. Wir haben aufgrund dessen ihr Mail nicht beantwortet, sondern antworten hier unisono an die Ombudsstelle.

Stellungnahme:

Grundsätzlich weise ich den Vorwurf einer nicht objektiven Berichterstattung zurück.

Es kommt hierbei auch auf die Form der Berichterstattung an. Hat TeleBärn das Thema aus Eigeninitiative aufgegriffen? Antwort: Nein. Wäre dies allerdings der Fall gewesen, dann wäre eine Berichterstattung nur erfolgt wenn die Vororganisation und Vorrecherche des Berichts sichergestellt hätte, dass verschiedene bzw. alle Parteien zu Wort kommen, also Befürworter, Betroffene und Kritiker. Hätte sich jemand der Stimme verweigert, mit dem Ziel eine Ausstrahlung des Berichts zu verhindern, wären wir darauf nicht eingegangen und hätten trotzdem darüber berichtet.

Hier liegt der Fall allerdings anders: Der Bericht wurde aufgrund eines Ereignisses mit Ankündigung gemacht. Solche sind im News-Geschäft an der Tagesordnung und decken alle Veranstaltungen ab, welche an die Redaktion von TeleBärn herangetragen werden und ein konkretes Veranstaltungsdatum aufweisen. Dazu gehören etwa Demos, Medienkonferenzen, Einweihungen, Premieren etc. Inhalte also, die nicht in der TeleBärn-Redaktion entstehen, sondern auf die TeleBärn in Form einer Berichterstattung reagiert. Dabei entscheidet das Redaktionsteam, die Planung und die Chefredak-tion darüber, welche der vorliegenden Themen aufgegriffen werden können und welche nicht. Dabei spielt insbesondere die Aktualität und des "News"-Faktors eine entscheidende Rolle. Denn: Logischerweise können aufgrund der vielen Veranstaltungen im Konzessionsgebiet nicht Alle von TeleBärn thematisch aufgegriffen werden.

Diese Priorisierung fand auch im vorliegenden Fall statt und man entschied sich dafür, dass diese Protestveranstaltung aufgrund der traurigen Ereignisse eine Woche zuvor, definitiv ein News-Thema ist. Unser Journalisten-Team filmte vor Ort die Veranstaltung und interviewte dabei die entsprechen-den Personen vor Ort. Diese gaben inhaltlich Statements ab, mit dem warum und wieso diese Aktion stattfindet und was sie damit bewirken wollen.

TeleBärn hat sich dabei keine Meinung gebildet, sondern bildete lediglich due Veranstaltung ab und gab den Protagonisten die Gelegenheit sich dazu zu äussern. Diese Möglichkeit gaben wir auch dem SRK, bzw. den Zuständigen der Anlage, die aber entweder keine Aussagen tätigen durften oder wollten. Dass eine Seite von diversen Parteien in journalistischen Berichterstattungen nichts sagen können oder dürfen ist keine Seltenheit. Es ist für TeleBärn aber kein Grund deshalb auf eine Berichterstattung zu verzichten. Im Gegenteil: Würden wir dem nachkommen und als Medium nur darüber berichten, wenn alle angefragten Parteien Stellung beziehen, würden wir uns in eine journalistisch schwierige Lage begeben: Das heisst: Das Gegenüber könnte durch klare Intervieverweigerung erzielen, dass über ein Ereignis nicht berichtet wird und das darf nicht sein. Deshalb wird in den TeleBärn-Berichten, wie auch im vorliegenden Fall, darauf hingewiesen, dass eine Partei angefragt worden ist, welche aus diversen Gründen vor der Kamera keine Stellung nimmt.

Zugegeben, es wäre inhaltlich ein stimmigeres Bild wenn wir alle Protagonisten hätten interviewen können, aber es ist eben im Umkehrschluss keine Option darauf zu verzichten wenn jemand nichts sagen kann. Die getätigten Aussagen sind zudem klar als Aussagen der anwesenden Personen zu erkennen und wiederspiegeln nicht die Meinung von TeleBärn. Insofern ist von mir aus gesehen, trotz den Umständen gegeben, dass die Zuschauerschaft der vorliegende Bericht einschätzen und einordnen kann.

Meines Erachtens ergibt sich aus dieser Berichterstattung keine Vorteile für bürgerliche Parteien. Der Zeitpunkt kurz vor den Wahlen (zwei Wochen) wurde zudem nicht von uns gewählt, sondern war das Darum der Veranstaltung und in dieser Form von uns nicht beeinflussbar. Zudem wird im Bericht keine Verbindung zu politischen Ideologien von Parteien hergestellt.“

3. Einschätzung des Ombudsmanns

Bei Ihrer Beanstandung geht es um die Berichterstattung einer Demonstration vor der Asylunterkunft in Gurnigelbad. Eine Sympathisantengruppe der Asylunterkunft verlangt die Schliessung des Heims und nimmt dafür den tragischen Todesfall eines Bewohners im Heim zum Anlass. Sie fordert wegen der schlechten medizinischen Betreuung und auch allgemein den schlechten Zuständen in der Asylunterkunft deren Schliessung.

Das Thema der Berichterstattung ist für die Zuschauerinnen und den Zuschauer klar: Berichtet wird über eine Demonstration zur Schliessung der Asylunterkunft Gurnigelbad. Die Sympathisantengruppe möchte Druck machen und die Verantwortlichen der „rassistischen Strukturen des Asylsystems“ benennen. Sie wirft der Leitung der Asylunterkunft, dem schweizerischen roten Kreuz (SRK), sowie den Verantwortlichen vor, dass diese nicht hinhörten, die Forderungen nicht anhörten, obwohl es viele Probleme gäbe wie z.B. gesundheitliche Probleme (der Arzt käme nur alle zwei Wochen) und eine extrem prekäre Lage herrsche. Deshalb werde die Schliessung der Asylunterkunft gefordert. Thematisiert wurde im Bericht neben der medizinischen Situation auch die Abgelegenheit der Asylunterkunft mit der Folge, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht in der Schweiz integrieren könnten. Ein Bewohner schildert seine Lage und die Kommentatorin ergänzt, dass gemäss Aussagen der Bewohner und der Organisatoren der Demonstration ihre Forderungen beim SRK auf taube Ohren stiessen.

Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass der Kanton wie auch das schweizerische Rote Kreuz (SRK), welches die Leitung der Asylunterkunft innehat, angefragt wurden. Keine Stellungnahme gab es vom Kanton (Off-Text: „Der Kanton möchte sich zum Vorfall nicht äusssern“) und das Statement des SRK wurde im Beitrag eingeblendet. Auffallend ist dabei, dass sich dieses Statement nicht auf die Forderung der Schliessung der Asylunterkunft durch die Sympathisantengruppe - dem eigentlichen Thema der Berichterstattung - bezieht, sondern auf den tragischen Todesfall von einer Woche zuvor und die damals zur Verfügung stehende medizinische Versorgung. Es ist davon auszugehen, dass weder der Kanton Bern noch das SRK mit den Vorwürfen der Sympathisantengruppe oder allgemein der Forderung der Schliessung der Asylunterkunft und der „prekären Lage“ je konfrontiert wurden. Jedenfalls konnte der Bericht diesen Eindruck in keiner Weise entkräften. Auch wenn der tragische Todesfall den Anlass zur Demonstration gab und dieser Anlass auch im Bericht von TeleBärn zur Sprache kommt, so ging es beim Nachrichtenbeitrag um die Demonstration in Gurnigelbad und die Forderungen der Sympathisantengruppe sowie der Bewohnerinnen und Bewohner der Asylunterkunft. Es dürfte äusserst fraglich sein, ob sich die Zuschauerin und der Zuschauer bei dieser Berichterstattung ein eigenes Bild über den thematisierten Sachverhalt machen konnte, wenn sich die erwähnten und eingeblendeten Statements des Kantons und des SRK auf einen anderen Sachverhalt bezogen. Den Ausstrahlungszeitpunkt kurz vor den eidg. Wahlen erachte ich jedoch nicht als problematisch, zumal die Demonstration Anlass zu einer Berichterstattung gab und die Asylunterkunft geografisch im Sendegebiet von TeleBärln liegt.

Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit der Beschwerde an die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI orientiert Sie das beigefügte Merkblatt.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Oliver Sidler Ombudsmann