Radio Sunshine - Nachrichtensendung vom 6. Dezember 2024
Beanstandung der Nachrichtensendung vom 6. Dezember 2024 - Radio Sunshine
Schlussbericht des Ombudsmanns
Sehr geehrter Herr X
Ihre Beanstandung vom 6. Dezember 2024 habe ich erhalten und am 9. Dezember 2024 die Chefredaktion von Radio Sunshine zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 10. Januar 2025 ist die Stellungnahme bei mir eingetroffen.
Ich habe mir den beanstandeten Beitrag eingehend und in voller Länge angesehen, die Stellungnahme des Veranstalters gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Ich kann Ihnen daher meinen Schlussbericht zukommen lassen.
Nach Art. 93 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) prüft die Ombudsstelle die Angelegenheit und vermittelt zwischen den Beteiligten. Sie kann insbesondere die Angelegenheit mit dem Veranstalter besprechen, oder ihm in leichten Fällen zur direkten Erledigung überweisen. Sie kann auch für eine direkte Begegnung zwischen den Beteiligten sorgen, Empfehlungen an den Programmveranstalter abgeben oder die Beteiligten über die Zuständigkeiten, das massgebende Recht und den Rechtsweg orientieren. Nach Art. 93 Abs. 2 RTVG hat die Ombudsstelle keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnis.
1. Beanstandung
„Soeben heute morgen im Radio Sunshine muss ich wieder russische Propaganda hören. Radion Sunshine fungiert wiederholt als Propaganda Kanal, indem sie ungefiltert russische Propaganda verbreitet. Der aktuellste Fall: unkommentierte Zitate Lawrow/Tucker heute morgen 10:00. Ohne Kommentar oder Einordnung, um wen es sich bei Lawrow und Tucker handelt. Ist den ungefilterte Verbreitung fremdländischer Propaganda zulässig? Ich denke nicht.“
2. Stellungnahme Veranstalter
„Sunshine Radio berichtete in einer Nachrichtenmeldung darüber, dass der russische Aussenminister Lawrow dem Westen drohe.
Diese Nachricht, welche unter anderem auch über die Schweizerische Depeschen Agentur SDA (Keystone-SDA) verbreitet wurde, sah die Redaktion als relevant an. Vom Vorwurf der Verbreitung russischer Propaganda distanzieren wir uns. Den Vorwurf der «Nichteinordnung» kann ich nicht verstehen – es wurde die Quelle genannt, der russische Aussenminister Lawrow ist bekannt und der Journalist Tucker Carlson wurde als «umstritten» (wegen seiner journalistischen Vergangenheit) bezeichnet. Es geht hier ja denn aber auch nicht darum, wem Lawrow dieses Interview gegeben hat, sondern was er gesagt hat. Dies ist im aktuellen Konflikt wohl relevant. Des Weiteren möchte ich anfügen, dass wir ebenso ausgewogen – sofern uns das möglich ist – Statements verschiedenster Perspektiven (anderer Staaten, EU, Bundesrat, Wirtschaftsvertreter, NATO, Friedenskonferenzen etc.) zur Lage in der Ukraine immer wieder bringen. Es kann also auch keine Rede von «einseitiger Berichterstattung» sein. Ausserdem biete ich dem Beanstandenden gerne an auch persönlich mit ihm zu sprechen, wenn er Fragen zu unseren Nachrichten hat.“
3. Einschätzung des Ombudsmanns
Bei der Berichterstattung über Wortmeldung von in der Öffentlichkeit allgemein bekannten Personen braucht es in der Regel keine zusätzlichen Erläuterungen zu diesen Personen. Dies trifft auch für den russischen Aussenminister Lawrow zu. Sowohl dessen Name als auch dessen Funktion dürften allgemein bekannt sein. Zudem wurde er als russischer Aussenminister im Nachrichtenbeitrag korrekt betitelt. Nicht relevant ist, zu wem und an welchem Ort der Aussenminister diese Aussagen tätigte. In dem von Ihnen kritisierten Nachrichtenbeitrag wurde jedoch auf den amerikanischen Journalisten Tucker Carlson hingewiesen, der zudem als ‚umstritten‘ bezeichnet wurde. Aus programmrechtlicher Sicht sind die Bezeichnungen dieser Personen nicht zu beanstanden.
Nicht nachvollziehen kann ich Ihren Vorwurf, dass es sich beim Nachrichtenbeitrag um ungefilterte Verbreitung fremdländischer Propaganda handeln soll. Die Berichterstattung über wichtige Wortmeldungen russischer Entscheidungsträger zum Krieg in der Ukraine ist von grosser Bedeutung in einem pluralistischen Mediensystem. In einer Nachrichtensendung, welche ein paar wichtige Tagesereignisse wiedergibt, kann nur in Kürze über diese Ereignisse berichtet werden, ohne vertieft darauf einzugehen. Wenn der russische Standpunkt zum Ukraine-Krieg in Kürze dargestellt wird, ist dies noch lange keine Propaganda. Ansonsten könnte man auch dahingehend argumentieren, dass Informationen über die Sicht der Ukraine zum Ukraine-Krieg als Propaganda zu qualifizieren seien. Dies würde die Berichterstattung zu kontroversen Themen, welche gerade nicht einseitig sein soll, ad absurdum führen. Aus programmrechtlicher Sicht konnte sich das Publikum zu den indirekt wiedergegebenen Äusserungen des russischen Aussenministers eine eigene Meinung bilden und es gab im Rahmen dieser kurzen Berichterstattung in der Nachrichtensendung keinen Anlass dafür, diese Aussagen näher einzuordnen oder mit den bereits allseits bekannten Ansichten der Ukraine oder des Westens zu konfrontieren. Ich erachte somit die Beanstandung als unbegründet.
Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit der Beschwerde an die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI orientiert Sie das beigefügte Merkblatt.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Oliver Sidler Ombudsmann