Beitrag über mobile Ärzte in News vom 5. Juni 2018; Tele Basel

Schlussbericht der Ombudsstelle

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt

Ihre Beanstandung vom 7. Juni 2018 habe ich erhalten und am 8. Juni 2018 die Chefredaktion von TeleBasel zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 5. Juli 2018 ist die Stellungnahme bei mir eingetroffen.

Ich habe mir den beanstandeten Beitrag eingehend und in voller Länge angesehen, die Stellungnahme des Veranstalters gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Ich kann Ihnen daher meinen Schlussbericht zukommen lassen.

Nach Art. 93 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) prüft die Ombudsstelle die Angelegenheit und vermittelt zwischen den Beteiligten. Sie kann insbesondere die Angelegenheit mit dem Veranstalter besprechen, oder ihm in leichten Fällen zur direkten Erledigung überweisen. Sie kann auch für eine direkte Begegnung zwischen den Beteiligten sorgen, Empfehlungen an den Programmveranstalter abgeben oder die Beteiligten über die Zuständigkeiten, das massgebende Recht und den Rechtsweg orientieren. Nach Art. 93 Abs. 2 RTVG hat die Ombudsstelle keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnis.

Beanstandung

„Telebasel veröffentlichte mit News-Beitrag vom 5. Juni 2018 und dem entsprechenden Online-Artikel , dass die AHV-Ausgleichskasse BL diverse Mängel in den Abrechnungen der „Mobilen Ärzte“ entdeckt habe.

Beanstandet wird zunächst die fehlende Präzision; Telebasel nennt die „Mobile Ärzte“, ohne zwischen der mobile ärzte AG und der MOBILE ÄRZTE LOB (Einzelfirma) zu unterscheiden. Beanstandet wird sodann, dass meiner Klientschaft von der SVA Baselland keine Informationen zu den Vorwürfen ausgehändigt wurden und sie daher keine Gelegenheit hatte, gegenüber Telebasel Stellung zu beziehen.

Kurz: Die im Bericht behaupteten Erkenntnisse der SVA wurden meiner Klientschaft erst mit dem Bericht von Telebasel zugetragen.

Sodann werden meiner Klientschaft von Telebasel in reisserischer Formulierung eine Vielzahl von Verfehlungen vorgeworfen, ohne diese tatsächlich zu benennen: Es entsteht der falsche Eindruck, dass meine Klientschaft sich sowohl in strafrechtlicher als auch in verwaltungsrechtlicher Hinsicht haftbar gemacht habe. Dies ist schlicht nicht zutreffend: Bis zum Abschluss der Untersuchung, resp. Verurteilung mit Entscheid oder durch Erlass einer Verfügung, gilt die Unschuldsvermutung. Ein rechtskräftiger Entscheid oder eine rechtskräftige Verfügung liegt meiner Klientschaft bis heute nicht vor.

Es sei Telebasel daher zu verpflichten, diesen Beitrag umgehend und vollständig (d.h. auch aus den Archiven und — soweit dort hinterlegt — der SMD) zu entfernen.“

Stellungnahme Veranstalter

„Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer nicht spezifizieren, welche rundfunkrechtlichen Bestimmungen verletzt sein sollen. Um es klarzustellen: Ein rundfunkrechtlicher Persönlichkeitsschutz existiert nicht. Die Argumente, die auf die Unschuldsvermutung bzw. eine Persönlichkeitsverletzung abzielen, sind in einem rundfunkrechtlichen Verfahren daher nicht zu hören. Sie gelten zudem auch inhaltlich als bestritten.

Sofern die Mobilen Ärzte auf das Sachgerechtigkeitsgebot anspielen, sind sie ebenfalls nicht zu hören:

•   Die Mobilen Ärzte unterscheiden in ihrem öffentlichen Auftritt selber nicht in Aktiengesellschaft und Einzelfirma. Sie treten unter dem Brand „Mobile Ärzte“ auf. Die von ihnen selbst benutzte Simplifizierung ist daher in der Medienberichterstattung ebenfalls hinzunehmen.
•   Ferner gibt Telebasel im Bericht die wahrheitsgemässe Aussage eines Behördensprechers bzw. einer Behörde wieder. Ob die Mobilen Ärzte von der Behörde informiert wurden oder nicht, kann nicht beurteilt werden bzw. stellt eine eher unglaubwürdige Parteibehauptung dar. Es ist überdies für die Frage der Sachgerechtigkeit nicht von Relevanz.
•   Tatsache ist zudem, dass die Behörde Ergebnisse präsentieren kann und das Verfahren somit sehr weit fortgeschritten scheint. Diese Information trifft also zu bzw. bei den Ausführungen der Mobilen Ärzte handelt es sich wohl in diesem Punkt um eine Schutzbehauptung. 
•   Die Mobilen Ärzte habe die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen, obschon sie angefragt wurden. Es entsteht der Eindruck, die Mobilen Ärzte würden versuchen, sich einer kritischen Berichterstattung zu entziehen. Ein Betroffener kann einen Medienbericht und eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Verhalten unter dem Aspekt des Sachgerechtigkeitsgebots nicht dadurch verhindern, dass er sich einer Stellungnahme entzieht. 
•   Schliesslich möchte ich abschliessend betonen, dass Ärzte einer staatlichen Zulassungspflicht unterliegen und daher an diesen Berufsstand bereits per se ein gesteigertes öffentliches Interesse besteht. Diese wird ferner insbesondere dadurch verstärkt, dass die Mobilien Ärzte ein neues Geschäftsmodell gewählt haben.  

Telebasel hat somit korrekt berichtet und der Zuschauer konnte sich über den Kern der Ereignisse eine eigene Meinung bilden. Im Ergebnis ist nicht ersichtlich, inwiefern das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt worden sein soll. Die Beanstandung ist daher abzuweisen. Ebenso die beantragte Massnahme, welche die Ombudsstelle ohnehin nicht verfügen kann. “

Bemerkungen des Ombudsmanns

Im rund zweieinhalb minütigen Beitrag von Telebasel geht es um die mangelhafte Abrechnungspraxis der Mobilen Ärzte gegenüber der Ausgleichskasse. Bereits im März 2018 wurde von Tele Basel vermeldet, dass AHV-Beiträge von den Löhnen einzelner Mitarbeiter abgezogen wurden, ohne dass diese bei der Ausgleichskasse angemeldet waren. Ein Vertreter der Ausgleichskasse bestätigt im Interview die Mängel, die aber – nach einer Revision der vergangenen Jahre – in der Zwischenzeit behoben worden seien. Auch die Rechnung gegenüber der Ausgleichskasse sei wieder ausgeglichen. Nachgefragt wird, ob absichtlich gegenüber der Ausgleichskasse falsch abgerechnet worden sei. Der Vertreter der Ausgleichskasse verneint und bestätigt, dass kein vorsätzliches Handeln vorlag. „Da werden wir dieses Jahr von einer Strafanzeige absehen“. Der Off-Sprecher im Beitrag meint dazu, dass die Betonung auf „dieses Jahr“ läge, da die Mobilen Ärzte schon öfters wegen Verfehlungen in der Arbeitszeiterfassung oder Ferienregelung in der Kritik gestanden seien. Der Beitrag schliesst mit dem Satz des Journalisten, dass die Mobilen Ärzte – wie so oft – eine Interviewanfrage abgelehnt hätten.

Sie sind der Ansicht, dass im Bericht zu wenig zwischen der mobile Ärzte AG und der Mobile Ärzte LOB (Einzelfirma) unterschieden worden sei. Soweit ersichtlich, treten beide Firmen gemeinsam gegen aussen auf und es wird auch nach eingehendem Studium der Webseite der Unterschied zwischen den beiden Unternehmen nicht klar. Gegenüber draussen treten die Mobilen Ärzte aber einheitlich auf, was vorliegend relevant ist.

Sie beanstanden weiter, dass die Ausgleichskasse Baselland die Vorwürfe zum Zeitpunkt der Ausstrahlung des Beitrags noch gar nicht gegenüber den mobilen Ärzte eröffnet hat und die mobilen Ärzte somit keine Gelegenheit hatten, gegenüber Tele Basel Stellung zu beziehen. Ob die Ausgleichskasse Baselland die mobilen Ärzte über die Ergebnisse der Untersuchung informierte oder nicht, ist vorliegend nicht von Belang. Ich gehe davon aus, dass eine Information stattfand, denn der Vertreter der Ausgleichskasse bestätigte im Interview, dass bereits alle Korrekturen vorgenommen und die Rechnungen bezahlt worden seien. Massgebend ist vorliegend aber vielmehr, ob Telebasel vor Ausstrahlung des Beitrags den Angeschuldigten Gelegenheit gab, sich zu den Vorwürfen zu äussern. Im Beitrag wird darauf hingewiesen, dass eine Interviewanfrage von Telebasel abgelehnt worden sei. Auch in der Stellungnahme von Telebasel wird darauf hingewiesen, dass die mobilen Ärzte die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen hätten, obwohl sie angefragt worden seien. Durch den klaren Hinweis von Telebasel im Beitrag, dass die mobilen Ärzte vergeblich um ein Interview angefragt worden seien, wurde die Zuschauerinnen und der Zuschauer genügend informiert, damit sie sich ein eigenes Bild über den Sachverhalt machen konnten. Dies gilt meines Erachtens auch für die Informationen zum Abrechnungsvorwurf, welche mit den Aussagen des Vertreters der Ausgleichskasse deutlich entlastend für die mobilen Ärzte dargestellt wurde. Für die Zuschauerinnen den Zuschauer war es nach Visionierung des Beitrags klar, dass es zwar Probleme bei der Abrechnung gegenüber der Ausgleichskasse gab, diese aber nun vollumfänglich behoben sind.

Nicht angebracht erachte ich jedoch die Bemerkung im Beitrag, dass in Bezug auf die von der Ausgleichskasse nach der Durchführung der Revision nicht erfolgte Strafanzeige „die Betonung auf diesem Jahr“ liege und anschliessend auf weitere Verfehlungen in Bezug auf die Arbeitszeit hingewiesen wurde. Der Vertreter der Ausgleichskasse machte im Interview klar, dass bei nachfolgenden Verfehlungen bei den Abrechnungen gegenüber der Ausgleichskasse eine Strafanzeige geprüft werden könnte. Diese steht aber in keinem Zusammenhang mit möglichen anderen Verfehlungen der mobilen Ärzte, wie zum Beispiel der im Bericht erwähnten Arbeitszeiterfassung. Schliesslich hat sich die Ausgleichskasse nicht mit der Arbeitszeiterfassung zu befassen. In diesem Punkt war es für den Zuschauerinnen und die Zuschauer nicht ganz klar, ob es nun wegen den Verfehlungen im Bereich der Arbeitszeiterfassung oder der Abrechnung gegenüber der Ausgleichskasse im nächsten Jahr zu einem Strafverfahren kommen könnte. Tatsache ist, dass es zum heutigen Zeitpunkt offenbar kein laufendes Strafverfahren gibt und der Hinweis auf mögliche künftige Strafverfahren erachte ich als unnötig und nicht sachgerecht. Diese Fehlleistung dürfte aber einen Nebenpunkt darstellen, der die Berichterstattung in dieser Angelegenheit insgesamt nicht zu trüben vermag. Trotzdem empfehle ich der Chefredaktion von Telebasel, diesen Kritikpunkt mit den Mitgliedern der Redaktion eingehend zu besprechen.

Soweit Sie die Entfernung des Beitrags aus den Archiven verlangen, muss ich Sie an den Zivilrichter verweisen. Die Ombudsstelle hat keine Weisungsbefugnis (Art. 93 Abs. 2 RTVG).

Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit der Beschwerde an die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI orientiert Sie das beigefügte Merkblatt.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Oliver Sidler Ombudsmann