TeleZüri - Nachrichtensendungen vom 26. und 27. August 2023: «Pompöses Fest zum Wahlauftakt der SVP» «Einordnung der Supershow der SVP»

Beanstandung der Nachrichtensendungen vom 26. und 27. August 2023: «Pompöses Fest zum Wahlauftakt der SVP» «Einordnung der Supershow der SVP» - TeleZüri

Schlussbericht des stv. Ombudsmanns

Sehr geehrter Herr X

Ihre Beanstandung in vorerwähnter Angelegenheit haben Sie Herrn Dr. Sidler, Ombudsmann, mit E-Mail vom 28. August 2023 eingereicht. Herr Sidler hat mir als seinem Stellvertreter Ihre Beanstandung zur Bearbeitung weitergeleitet. Den Eingang Ihrer Beanstandung habe ich Ihnen bestätigt. Die Redaktion von TeleZüri habe ich überdies – im Sinne der Gewährung des rechtlichen Gehörs – um eine Stellungnahme ersucht. Diese ist bei mir eingetroffen.

Sie machen in Ihrer Beanstandung was folgt geltend:

«Ich beanstande die populistische Berichterstattung mit Falschbehauptungen von Tele Züri vom 26. 8. und 27.8. Die News Ausgabe ab 18 Uhr. Berichterstattung über den SVP Anlass https://tv.telezueri.ch/zuerinews/einordnung-der-supershow-der-svp-153197918 (Link vom 26.8. nicht verfügbar) Weil TeleZüri vergeblich irgendwelche inhaltlichen strittigen Punkte suchte aber nicht finden konnte, die sie populistisch ausschlachten.

Weil Tele Züri nicht hämisch eine niedrige Teilnehmerzahl populistisch ausschlachten konnte.

Die Ombudsstelle behandelt nach Art. 91 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40) Beanstandungen gegen: a. ausgestrahlte redaktionelle Sendungen wegen Verletzung von Art. 4 und 5 des RTVG oder des für die schweizerischen Programmveranstalter verbindlichen internationalen Rechts; abis. veröffentlichte, von der Redaktion gestaltete Beiträge im übrigen publizistischen Angebot der SRG wegen Verletzung von Art. 5a RTVG; b. die Verweigerung des Zugangs zum Programm schweizerischer Veranstalter oder zum von der Redaktion gestalteten Teil des übrigen publizistischen Angebots der SRG.

Nach Art. 92 Abs. 1 RTVG kann jede Person bei der zuständigen Ombudsstelle eine Beanstandung einreichen: gegen redaktionelle Publikationen wegen einer Verletzung der Art. 4, 5 und 5a des RTVG (lit. a) und wegen Verweigerung des Zugangs (lit. b).

Beanstandungen müssen nach Art. 92 Abs. 2 RTVG innerhalb von 20 Tagen nach der Veröffentlichung der beanstandeten Publikation oder nach der Ablehnung des Begehrens um Zugang i.S.v. Art. 91 Abs. 3 lit. b RTVG eingereicht werden.

Die formellen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weshalb auf Ihre Beanstandung einzutreten ist.

Bevor ich materiell, d.h. inhaltlich auf Ihre Beanstandungen eingehe, scheint mir eine Vorbemerkung angebracht: Die Aufgabe der Ombudsstelle besteht einzig und allein darin zu überprüfen, ob in der beanstandeten Sendung die programmrechtlichen Be¬stimmungen, insbesondere von Art. 4 und 5 RTVG, verletzt wurden. Dabei hat sie der den Veranstaltern zustehenden Programmautonomie gebührend Rech¬nung zu tragen. Der Grund hierfür liegt darin, dass Art. 93 Abs. 3 der Bundesverfassung (BV; SR 101) und Art. 6 Abs. 2 RTVG die Programmautonomie des Veranstalters gewährleisten. Diese beinhaltet namentlich auch die Freiheit in der Wahl eines Themas einer Sendung und der inhaltlichen Bearbeitung.

Die Ombudsstelle hat weder eine journalistische Qualitätskontrolle vorzunehmen noch ist sie eine (erste) Gerichtsinstanz, die über Recht bzw. Unrecht urteilen muss. Sie hat somit nach Art. 93 Abs. 2 RTVG keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnisse, sondern lediglich zwischen den Parteien zu vermitteln und den Beteiligten schriftlich über die Ergebnisse ihrer Abklärungen und die Art der Erledigung der Beanstandung Bericht zu erstatten (Art. 93 Abs. 1 und 3 RTVG).

Für das Bundesgericht gibt es grundsätzlich kein Thema, das einer – allenfalls auch provokativen – Darstellung am Fernsehen oder am Radio entzogen wäre (Bundesgerichtsurteil vom 18. November 2011, 2C_710/2010, E. 3.2, in: BGE 137 I 345).

Sachgerechtigkeitsgebot

Das Sachgerechtigkeitsgebot ist nur auf Sendungen mit Informationsgehalt anwendbar, nicht aber auf reine Unterhaltungssendungen.

Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt sollen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht wiedergeben, sodass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann (vgl. Art. 4 Abs. 2 RTVG.

Das Gebot der Sachgerechtigkeit verlangt nicht, dass alle Standpunkte qualitativ und quantitativ genau gleichwertig dargestellt werden; entscheidend ist, dass der Zuschauer erkennen kann, dass und inwiefern eine Aussage umstritten ist.

Ein Beitrag darf insgesamt nicht manipulativ wirken, was der Fall ist, wenn er den (mündigen) Zuschauer in Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten unsachgemäss informiert und sich dieser gestützt auf die gelieferten Informationen oder deren Aufarbeitung kein eigenes Bild mehr machen kann, weil wesentliche Umstände verschwiegen oder "Geschichten" durch das Fernsehen "inszeniert" werden. Der Beitrag darf insgesamt nicht manipulativ wirken. Dabei ist praxisgemäss auch dessen nichtverbalen Gestaltung (Kameraführung, Tonfall usw.) Rechnung zu tragen.

Die Ombudsstelle prüft im Zusammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 RTVG, ob den Zuschauerinnen und Zuschauern aufgrund der in der Publikation angeführten Fakten und Ansichten ein möglichst zuverlässiges Bild über einen Sachverhalt oder ein Thema vermittelt wird, so dass diese sich darüber frei eine eigene Meinung bilden können (Gebot der Objektivität). Bei der Prüfung hat die Ombudsstelle davon auszugehen, welche Wirkung eine Sendung auf das durchschnittliche Publikum hat.

Die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass die journalistische Freiheit und Spontaneität verloren gehen

Wahl- und Abstimmungssendungen

Sendungen zu bevorstehenden Wahlen und Abstimmungen sind aus staatspolitischer Sicht heikel, weil sie geeignet sind, den Urnengang zu beeinflussen. Entsprechende Ausstrahlungen in der – zeitlich nicht exakt definierten – sensiblen Zeit vor der Wahl bzw. der Abstimmung unterliegen daher erhöhten Sorgfaltspflichten, um die Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Lagern zu gewährleisten. Dies gilt nur für konzessionierte Veranstalter und nicht für meldepflichtige Veranstalter wie die Presse TV. Das Bundesgericht leitet diese besonderen Anforderungen an entsprechende Sendungen aus dem Vielfaltsgebot von Artikel 4 Absatz 4 des Radio- und Fernsehgesetzes ab.

Vielfaltsgebot

Art. 4 Abs. 4 RTVG lautet wie folgt: «Konzessionierte Programme müssen in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen. (…).»

Das Vielfaltsgebot will einseitige Tendenzen in der Meinungsbildung durch Radio und Fernsehen verhindern. Es verbietet nicht nur die Einseitigkeit im Sinne einer zu starken Berücksichtigung extremer Anschauungen, sondern auch die ausschliessliche Vermittlung politisch oder gesellschaftlich gerade herrschender Ansichten.

Nur konzessionierte Radio- und Fernsehveranstalter unterliegen dem Vielfaltsgebot. Es verpflichtet diese, in ihren redaktionellen Sendungen die politisch-weltanschau¬liche Vielfalt zu widerspiegeln. Im Gegensatz zum Sachgerechtigkeitsgebot richtet sich das Vielfaltsgebot – mit Ausnahme von Wahl- und Abstimmungssendungen – an das Programm insgesamt. Voraussetzung ist deshalb eine Zeitraumbeschwerde, welche sich gegen alle Sendungen eines Programmveranstalters zu einem Thema richtet.

Die in der Rechtsprechung aus dem Vielfaltsgebot für die konzessionierten Programmveranstalter abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung von Sendungen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen gelten nicht für bloss meldepflichtige Veranstalter (Presse TV/Cash TV): Diese dürfen im Rahmen des Sachgerechtigkeitsgebots auch einseitig Stellung nehmen, jedoch nicht manipulativ berichten oder politische Propaganda betreiben.

Zur Polemik durften am 26.8. gerade mal 2 Politiker der SVP Stellung nehmen. Allerdings wurden beide nach nur einem Satz abgewürgt. Dias ist gegen die Sachgerechtigkeit, wenn TeleZüri eine Stellungnahme der SVP-Vertreter NICHT ausstrahlt. Ich gehe davon aus, dass die Politiker auf die inhaltlichen Reden verweisen wollte. Und Tele Züri ein Bild zeichnen will, das über keine politischen Inhalte debattiert wurde. Darum wurden die SVP-Vertreter wohl nach einem Satz abgewürgt und geschnitten.

Am 27.8. kommt gar keine Stimme der Partei zu Wort. Die Polemik wird noch primitiver. Einzig ein Politologe, der ständig gegen die SVP austeilt, kam zu Wort. Ohne selber einen handfesten Kritikpunkt ausmachen zu können.

Ich beanstande aber insbesondere DIE FALSCHBEHAUPTUNG von TeleZüri. Tele Züri behauptet "Leise Kritik" hätte es gegeben von den Zuschauern. Darauf spielte TeleZüri einige Stimmen der Zuseher ein.

NICHT EINE KRITIK AUCH KEINE LEISE KRITIK WAR ZU VERNEHMEN. Anders als TeleZüri behauptete. TeleZüri konstruierte ihre eigene Welt mit FREI ERFUNDENEN BEHAUPTUNGEN. Ich ersuche ansonsten TeleZüri oder die Ombudsstelle EXAKT ZU ZITIEREN, wo es angeblich "leise Kritik" gegeben hätte. Tele Züri ist auch als extrem linkes Medium zur WAHRHEIT verpflichtet. Und kann nicht Dinge behaupten, DIE NICHT ZUTREFFEN. Weiter stellt es TeleZüri so dar, als wäre in dieser Wahlveranstaltung der SVP über keine Inhalte gesprochen worden. Zitiert dabei auch NICHT EINE inhaltliche Rede.

Auch das ist eine arglistige Täuschung um den Populismus und nicht Sachgerecht. Nur weil TeleZüri weit Linksaussen Positioniert ist, kann TeleZüri NICHT die Wahrheit verdrehen und ist trotzdem zur Sachgerechtigkeit verpflichtet."

1. Stellungnahme von Herrn Claude Winet, Chefredaktor TeleZüri

Der Chefredaktor von TeleZüri, Claude Winet, hat mit E-Mail vom 15. September 2023 wie folgt Stellung genommen: «Ausgangslage: Die SVP hat am 26. August in der Zürcher Swisslife-Arena ihre Wahlfeier abgehalten. TeleZüri hat darüber in zwei Beiträgen berichtet. Anlass der Berichterstattung war die Art und Weise der Veranstaltung, die für die politische Schweiz einzigartig war bezüglich Showelementen und Grösse.

Zur Beschwerde: Zunächst ist die Beschwerde gespickt mit polemischen Unterstellungen, Interpretationen und Behauptungen, die nicht zutreffend und aus der Luft gegriffen sind. Grundsätzlich halten wir fest, dass die Berichterstattung über den Anlass dokumentierend, fair und sachgerecht war.

Der Beschwerdeführer kritisiert, dass in den Beiträgen keine inhaltlichen Reden zitiert wurden. Dies war – wie oben erwähnt – gar nicht der Aussagewunsch der Beiträge. Über politische Inhalte und Wahlziele der SVP hat TeleZüri unter anderem zuletzt anfangs August in einer Serie über die politischen Parteien berichtet. Die beanstandeten Beiträge behandelten die Inszenierung der Wahlfeier. Folglich wurden die Parteienvertreter ausschliesslich zu diesem Thema gefragt. Die Unterstellung des Beschwerdeführers, wonach die inhaltlichen Stellungnahmen geschnitten und «abgewürgt» geworden seien, ist demnach falsch.

Im Folgebeitrag am 27. August kamen tatsächlich keine SVP-Vertreter vor. Ihre Stellungnahme zum Anlass wurde bereits ein Tag zuvor ausgestrahlt. In diesem Beitrag wurde 'die Amerikanisierung des Wahlkampfs in der Schweiz' von einem renommierten Politexperten beurteilt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach dieser 'ständig gegen die SVP austeilt' ist nachweislich falsch. Im Gegenteil: Mark Balsiger anerkennt explizit die Leistung, dass die SVP 4000 Zuschauerinnen und Zuschauer für die Wahlfeier mobilisieren kann.

Die Publikumsbefragung im Beitrag wird mit den Worten anmoderiert, dass das Publikum 'leise Kritik durschimmern lässt'. Diese Anmoderation ist unserer Ansicht nach treffend, wie die eingespielten Stimmen zeigen.

Fazit: Die Berichterstattung von TeleZüri hat die Vorgänge an der Wahlveranstaltung sachgerecht dargestellt. Darüber hinaus hat TeleZüri die Veranstaltung in einem separaten Beitrag fair eingeordnet. Der Fokus auf die pompöse Wahlfeier ist nach der journalistischen Regel 'News is what’s different' richtig und nachvollziehbar. An dieser Stelle verweise ich auf die Medieneinladung der SVP zur Veranstaltung. Zitat: 'Am Wahlauftakt werden verschiedene Darbietungen der Regionen und Special-Acts präsentiert, für Kinderunterhaltung ist gesorgt.'»

2. Stellungnahme der Ombudsstelle

2.1. Grundsätzliches

Die Ombudsstelle behandelt nach Art. 91 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40) Beanstandungen gegen: a. ausgestrahlte redaktionelle Sendungen wegen Verletzung von Art. 4 und 5 des RTVG oder des für die schweizerischen Programmveranstalter verbindlichen internationalen Rechts; abis. veröffentlichte, von der Redaktion gestaltete Beiträge im übrigen publizistischen Angebot der SRG wegen Verletzung von Art. 5a RTVG; b. die Verweigerung des Zugangs zum Programm schweizerischer Veranstalter oder zum von der Redaktion gestalteten Teil des übrigen publizistischen Angebots der SRG.

Nach Art. 92 Abs. 1 RTVG kann jede Person bei der zuständigen Ombudsstelle eine Beanstandung einreichen: gegen redaktionelle Publikationen wegen einer Verletzung der Art. 4, 5 und 5a des RTVG (lit. a) und wegen Verweigerung des Zugangs (lit. b).

Beanstandungen müssen nach Art. 92 Abs. 2 RTVG innerhalb von 20 Tagen nach der Veröffentlichung der beanstandeten Publikation oder nach der Ablehnung des Begehrens um Zugang i.S.v. Art. 91 Abs. 3 lit. b RTVG eingereicht werden.

Die formellen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weshalb auf Ihre Beanstandung einzutreten ist.

Bevor ich materiell, d.h. inhaltlich auf Ihre Beanstandungen eingehe, scheint mir eine Vorbemerkung angebracht: Die Aufgabe der Ombudsstelle besteht einzig und allein darin zu überprüfen, ob in der beanstandeten Sendung die programmrechtlichen Be¬stimmungen, insbesondere von Art. 4 und 5 RTVG, verletzt wurden. Dabei hat sie der den Veranstaltern zustehenden Programmautonomie gebührend Rech¬nung zu tragen. Der Grund hierfür liegt darin, dass Art. 93 Abs. 3 der Bundesverfassung (BV; SR 101) und Art. 6 Abs. 2 RTVG die Programmautonomie des Veranstalters gewährleisten. Diese beinhaltet namentlich auch die Freiheit in der Wahl eines Themas einer Sendung und der inhaltlichen Bearbeitung.

Die Ombudsstelle hat weder eine journalistische Qualitätskontrolle vorzunehmen noch ist sie eine (erste) Gerichtsinstanz, die über Recht bzw. Unrecht urteilen muss. Sie hat somit nach Art. 93 Abs. 2 RTVG keine Entscheidungs- oder Weisungsbefugnisse, sondern lediglich zwischen den Parteien zu vermitteln und den Beteiligten schriftlich über die Ergebnisse ihrer Abklärungen und die Art der Erledigung der Beanstandung Bericht zu erstatten (Art. 93 Abs. 1 und 3 RTVG).

Für das Bundesgericht gibt es grundsätzlich kein Thema, das einer – allenfalls auch provokativen – Darstellung am Fernsehen oder am Radio entzogen wäre (Bundesgerichtsurteil vom 18. November 2011, 2C_710/2010, E. 3.2, in: BGE 137 I 345).

Sachgerechtigkeitsgebot Das Sachgerechtigkeitsgebot ist nur auf Sendungen mit Informationsgehalt anwendbar, nicht aber auf reine Unterhaltungssendungen.

Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt sollen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht wiedergeben, sodass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann (vgl. Art. 4 Abs. 2 RTVG.

Das Gebot der Sachgerechtigkeit verlangt nicht, dass alle Standpunkte qualitativ und quantitativ genau gleichwertig dargestellt werden; entscheidend ist, dass der Zuschauer erkennen kann, dass und inwiefern eine Aussage umstritten ist.

Ein Beitrag darf insgesamt nicht manipulativ wirken, was der Fall ist, wenn er den (mündigen) Zuschauer in Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten unsachgemäss informiert und sich dieser gestützt auf die gelieferten Informationen oder deren Aufarbeitung kein eigenes Bild mehr machen kann, weil wesentliche Umstände verschwiegen oder "Geschichten" durch das Fernsehen "inszeniert" werden. Der Beitrag darf insgesamt nicht manipulativ wirken. Dabei ist praxisgemäss auch dessen nichtverbalen Gestaltung (Kameraführung, Tonfall usw.) Rechnung zu tragen.

Die Ombudsstelle prüft im Zusammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 RTVG, ob den Zuschauerinnen und Zuschauern aufgrund der in der Publikation angeführten Fakten und Ansichten ein möglichst zuverlässiges Bild über einen Sachverhalt oder ein Thema vermittelt wird, so dass diese sich darüber frei eine eigene Meinung bilden können (Gebot der Objektivität). Bei der Prüfung hat die Ombudsstelle davon auszugehen, welche Wirkung eine Sendung auf das durchschnittliche Publikum hat.

Die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass die journalistische Freiheit und Spontaneität verloren gehen

Wahl- und Abstimmungssendungen Sendungen zu bevorstehenden Wahlen und Abstimmungen sind aus staatspolitischer Sicht heikel, weil sie geeignet sind, den Urnengang zu beeinflussen. Entsprechende Ausstrahlungen in der – zeitlich nicht exakt definierten – sensiblen Zeit vor der Wahl bzw. der Abstimmung unterliegen daher erhöhten Sorgfaltspflichten, um die Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Lagern zu gewährleisten. Dies gilt nur für konzessionierte Veranstalter und nicht für meldepflichtige Veranstalter wie die Presse TV. Das Bundesgericht leitet diese besonderen Anforderungen an entsprechende Sendungen aus dem Vielfaltsgebot von Artikel 4 Absatz 4 des Radio- und Fernsehgesetzes ab.

Vielfaltsgebot Art. 4 Abs. 4 RTVG lautet wie folgt: «Konzessionierte Programme müssen in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen. (…).»

Das Vielfaltsgebot will einseitige Tendenzen in der Meinungsbildung durch Radio und Fernsehen verhindern. Es verbietet nicht nur die Einseitigkeit im Sinne einer zu starken Berücksichtigung extremer Anschauungen, sondern auch die ausschliessliche Vermittlung politisch oder gesellschaftlich gerade herrschender Ansichten.

Nur konzessionierte Radio- und Fernsehveranstalter unterliegen dem Vielfaltsgebot. Es verpflichtet diese, in ihren redaktionellen Sendungen die politisch-weltanschau¬liche Vielfalt zu widerspiegeln. Im Gegensatz zum Sachgerechtigkeitsgebot richtet sich das Vielfaltsgebot – mit Ausnahme von Wahl- und Abstimmungssendungen – an das Programm insgesamt. Voraussetzung ist deshalb eine Zeitraumbeschwerde, welche sich gegen alle Sendungen eines Programmveranstalters zu einem Thema richtet.

Die in der Rechtsprechung aus dem Vielfaltsgebot für die konzessionierten Programmveranstalter abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung von Sendungen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen gelten nicht für bloss meldepflichtige Veranstalter (Presse TV/Cash TV): Diese dürfen im Rahmen des Sachgerechtigkeitsgebots auch einseitig Stellung nehmen, jedoch nicht manipulativ berichten oder politische Propaganda betreiben.

2.2. Zum konkreten Fall

Ich habe mir die beiden beanstandeten Sendungen angeschaut, besagte Stellungnahme von TeleZüri gele¬sen und mir die nachstehenden Gedanken gemacht:

Nach Art. 93 Abs. 1 RTVG prüft die Ombudsstelle die Angelegenheit und vermittelt zwi¬schen den Beteiligten. Sie kann insbesondere die Angelegenheit mit dem Pro-gramm¬veranstalter besprechen oder ihm in leichten Fällen zur direkten Erledigung über¬wei¬sen (lit. a). Sie kann auch für eine direkte Begegnung zwischen den Betei-lig¬ten sorgen (lit. b), Empfehlungen an den Programmveranstalter abgeben (lit. c) oder die Beteiligten über die Zuständigkeiten, das massgebende Recht und den Rechtsweg orientieren (lit. d).

Betrachten Sie das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht im Sinne von Art. 93 RTVG

Sie stellen sich schwergewichtig auf den Standpunkt, dass

  • TeleZüri die Grösse des SVP-Anlasses skandalisiere,
  • nur zwei Politiker der SVP Stellung nehmen durften,
  • beiden nach nur einem Satz abgewürgt worden sei,
  • es gegen die Sachgerechtigkeit verstosse, wenn TeleZüri eine Stellungnahme der SVP-Vertreter nicht ausstrahle,
  • am 27. August 2023 gar keine Stimme der Partei zu Wort gekommen sei,
  • die Bemerkung von TeleZüri, es hätte gegenüber dem SVP-Anlass leise Kritik gegeben, falsch sei und dass
  • TeleZüri die Sache so dargestellt habe, als wäre an besagter Wahlveranstaltung über keine Inhalte gesprochen worden.

Bei der fraglichen Veranstaltung der SVP handelte es sich nicht um einen Anlass, an welchem die Vermittlung von politischen Meinungen im Vordergrund stand. Es war keine Delegiertenversammlung, an welcher die Partei im Hinblick auf ein Abstimmungswochenende die Parolen beschloss. Vielmehr ging es um den SVP-Wahlauf¬takt der diesjährigen National- und Ständeratswahlen. Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass Roman Kilchsperger als Entertainer durch das Programm führte, alt Bundesrat Christoph Blocher zusammen mit seiner Tochter und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher auf einem «Heuwagen» in die Arena gefahren wurden und Florian Ast für Stimmung sorgte. Zu alledem wurde der SVP-Wahlkampfsong eingeblendet. Es war meines Erachtens ein Mix aus Unterhaltung und Show. Vor diesem Hintergrund qualifizieren die von Ihnen beanstandeten zwei Sendungen nicht als Wahl- oder Abstimmungssendungen.

Parteipräsident und Ständerat Marco Chiesa äusserte sich zur Form des Anlasses gegenüber TeleZüri wie folgt: «Es ist eine ganz moderne Struktur. Wir haben ein Schwingfest inszeniert». Wahlkampfleiter und Nationalrat Marcel Dettling hielt fest, man habe versucht, den Leuten Traditionen zu vermitteln – mit «Sackmähl und mit Alphüttli». Das sei die Schweiz und für diese Kultur setze sich die SVP ein.

Wenn der Journalist von einer «Amerikanisierung des schweizerischen Wahlkampfes» sprach, hat er damit – entgegen Ihren Behauptung – das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt. Die Veranstaltung zum Wahlauftakt mit rund 4000 Personen war von einer in der Schweiz bislang noch nie gesehenen Dimension. Es ist m.E. nicht zu bemängeln, wenn der Journalist von TeleZüri diesen Aspekt nicht nur thematisiert, sondern auch unterstrichen hat.

Für den Politologen Mark Balsiger ist es eine Leistung, rund 4000 in die Arena zu bringen. Die SVP habe Mut gezeigt, dass sie ein Eishockeystadion für ihren Wahlauftakt gemietet habe. Angenommen, es wären weniger Leute gekommen, hätte dies trist ausgesehen. Darin ist keine Kritik an die Adresse der SVP zu sehen – im Gegenteil.

Und wenn kurz der Wahlauftakt der SP erwähnt und jenem der SVP gegenübergestellt wurde, wurde damit das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt, vielmehr wurden zwei Wahlkampfauftakte verglichen, was für den interessierten Zuschauer informativ war. Hinzu kommt, dass Letzterer sich selber ein Bild dieser beiden Wahlauftakte machen konnte.

In der Anmoderation meinte der Journalist von TeleZüri, dass die Parteimitglieder leichte Kritik durchschimmern liessen. In der Folge wurden einige Personen mit ihren Statements eingeblendet. So meinte eine Teilnehmerin, es werde alles grösser und pompöser. Im Kern sei es allerdings schon SVP. Wenn der Journalist daraus eine leichte Kritik zu spüren meinte, ist das nicht zu beanstanden, schon gar nicht ist darin eine Falschbehauptung – wie von Ihnen behauptet – zu erblicken. Im Übrigen wurde auch eine Person gezeigt, die hoffte, es gehe am Nachmittag «kraftvoll» weiter.

Der Politologe Mark Balsiger meinte abschliessend, es gebe Leute, die solche Anlässe kritisieren würden, weil es dabei um «Halligalli», eine reine «Bespassung» gehe, was nicht der schweizerischen Politik entspreche. Hier wäre es meines Erachtens angebracht und zu wünschen gewesen, Vertreter der SVP-Parteispitze mit dieser Aussage zu konfrontieren. Darin, dass TeleZüri dies unterlassen hat, ist noch keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots zu sehen, zumal die Zuhörer sich selber eine Meinung zu den Aussagen von Herrn Balsiger machen konnten.

Die Sendung vom 27. August 2023 wurde beendet mit folgender Aussage: Ob die SVP mit dem amerikanisierten Wahlkampfauftakt ins eigene Bein schiesse oder den progressiven Parteien einen Schritt voraus sei, werde sich zeigen. Ein Statement, das nicht polemisch ist, sondern die Sache auf den Punkt gebracht hat.

Fazit: Im Lichte des Gesagten gelange ich zum Schluss, dass mit der Ausstrahlung der beiden eingangs genannten Beitrage auf TeleZüri weder gegen das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen noch die dazugehörende Radio- und Fernsehverordnung verstossen wurde. Insbesondere wurden nicht gegen das Sachgerechtigkeitsgebot verstossen. Auch waren die beiden Sendungen weder primitiv noch populistisch.

Freundliche Grüsse

Dr. iur. Toni Hess Stellvertreter Ombudsmann